Chronik

Ein anderer Schwerpunkt lag beim Thema „Arbeit als Grundlage des menschlichen Zusammenlebens?“. Ähnliche ausgerichtete Bildungsveranstaltungen in den folgenden Jahren (u.a. 1983 „Wenn der Gesellschaft die Arbeit ausgeht“ mit Heinz Lunte aus GM-Hütte) werfen ein Licht auf verbandliche Diskussions- und Entscheidungsprozesse. Über Jahre setzten sich die Gruppen und Verbandsorgane mit dem Arbeitsbegriff auseinander, der, beschränkt auf Erwerbsarbeit, zunehmend zu eng gefasst zu sein schien. Später wurde in der KAB der Begriff der Tätigkeitsgesellschaft geprägt, der Familien- und Bürgerarbeit als gleichwertig einbezieht und stärker die Frage nach dem Sinn menschlicher Tätigkeit stellt. Mit Blick auf eine weltweite Verteilungsgerechtigkeit erweist sich das Projekt heute als die Vision der KAB für eine der zentralen gesellschaftlichen Fragen der Gegenwart.Seit den achtziger Jahren stellte die Hollager KAB auch in der Pfarrfestwoche die sozial- und gesellschaftlichen Fragestellungen der Zeit zur Debatte. So gab es häufig Podiumsdiskussionen, etwa zu Themen wie „Wehrpflicht“, „Arbeit im Wandel. Wie wird Arbeit sinnvoll verteilt?“ oder „Der Mensch als Subjekt der Wirtschaft“.

Bis heute ist es uns wichtig, beim Pfarrfest nicht nur mit unserem Bratwurststand das leibliche Wohl im Auge zu haben, sondern als Teil der Kirchengemeinde immer wieder auch die aktuellen Probleme der Zeit in den Blick zu nehmen. In der Pfarrfestwoche 2011 wird das Thema lauten: Macht Armut krank? Ein Gespräch mit Ärzten aus der Gemeinde. Auch wenn es nicht immer leicht ist, Menschen zur Auseinandersetzung mit solchen inhaltlichen Fragen zu bewegen, halten wir an diesem Kurs bewusst fest.

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Diese Prioritätensetzung soll aber nicht heißen, dass wir nicht auch feiern können und Gemeinschaft pflegen wollen. Das beweisen beispielsweise das traditionelle Grünkohlessen oder die Fahrradtouren an Christi Himmelfahrt. Gerne erinnern wir uns an fröhliche Stunden mit Musik oder an das Kohlessen, das jedes Jahr im Januar viele der KAB-Mitglieder zusammenbringt. Auch die Familienradtouren, bei denen wir manch schöne Strecke rund um Osnabrück kennen gelernt haben und in manchem Jahr über 100 Personen unterwegs sind, sind bis heute ein wichtiger Bestandteil unsres Programms.
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Wichtig waren für uns in den Achtzigern außerdem die gemeinsamen Veranstaltungen mit der damals in Hollage noch existierenden Christlichen Arbeiterjugend (CAJ). Zu nennen sind Diskussionsabende, u.a. mit dem Betriebsseelsorger Paul Schobel, und die Messen zum 1. Mai.

Die achtziger Jahre waren nicht nur in der Hollager KAB auch eine Zeit des Generationenwechsels. Die Familien der Gründer waren älter geworden, Kinder waren aus dem Haus, und gleichzeitig konnten neue und jüngere Mitglieder gewonnen werden. Mit diesen entstand die Nachfrage nach Angeboten für junge Familien. Im Bezirksverband kam es darüber zu einem ersten Bezirksfamilientag, der in der Folge viele Jahre hinweg stattfinden sollte. Daneben wurden auf Verbandsebene in den eigenen Häusern in Haltern, Günne oder Rahrbach zunehmend Seminare für diese Zielgruppe angeboten, die auch von Hollager Gruppen eifrig besucht wurden. Als Gliedgemeinschaft der KAB wurde die Junge Gemeinschaft gegründet; in Hollager wurde 1989 zu ihrem Leiter Franz-Josef Strunk gewählt.

Was kommt nach der Wiedervereinigung? – Die 90er Jahre
Das letzte Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts stand im Zeichen einer deutlichen Ausweitung der Vereinsarbeit sowie der verstärkten Hinwendung zu politischen Aktionen. Eng verbunden sind damit die Namen der neu gewählten Vereinvorsitzenden. Franz Flottemesch löste 1992 Franz Schwegmann als 2. Vorsitzenden ab, Heinrich Maßbaum wurde 1993 zum Vorsitzenden gewählt. Beide hatten bereits seit Jahren in verschiedenen Ämtern im Vorstand gearbeitet und schrieben fortan die Teamarbeit auf ihre Fahne – mit großem Erfolg, wie man heute weiß. Gleichzeitig wurde während der Jahreshauptversammlung 1993 Heinrich Hawighorst für seine 26jährige Tätigkeit mit dem Titel des Ehrenvorsitzenden geehrt.

Im Jahr 1993 hatte sich das Land Niedersachsen eine neue Landesverfassung gegeben. Gegen den Text regte sich umgehend Widerstand, bei den Katholiken des Landes besonders gegen den fehlenden Gottesbezug. Daraufhin bildete sich eine Volksinitiative „Gott in die Verfassung“, eine Möglichkeit, die gerade erst durch die neue Verfassung geschaffen worden war. Die Forderung lautete: Unserer neuen Verfassung soll die Präambel „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen hat sich das Volk von Niedersachsen durch seinen Landtag diese Verfassung gegeben.“ vorangestellt werden. An der Unterschriften-Aktion beteiligte sich unsere KAB erfolgreich u.a. während des Pfarrfestes. Mit insgesamt mehr als 120.000 Unterschriften wurden die Abgeordneten schließlich veranlasst, die Präambel nachträglich in die Verfassung aufzunehmen.

In Fortführung der Veranstaltungen zu familienpolitischen Themen war 1995 Karl-Heinz Hornhues MdB mit dem Thema „Fragen zur sozialen Lage von Familien“ zu Gast. Den Forderungen der KAB entsprechend fragte der Wallenhorster Politiker „Geht der Trend zur kinderlosen Gesellschaft? Wird Haus- und Erziehungsarbeit nicht gewürdigt?“ Im Anschluss an seine Ausführungen „verlangte Hornhues dringend eine wesentliche wirtschaftliche Verbesserung für Familien. Die Anerkennung der Erziehungszeiten und Rentenansprüche für pflegende Familienangehörige seien lediglich Tropfen auf den heißen Stein. Die Gesellschaft müsse zeigen, wie wichtig ihr es sei, dass junge Menschen sich für ein Leben mit Kindern entscheiden.“

Eingebettet war die beschriebene Veranstaltung in eine Reihe zum sog. Konsultationsprozess, einer neuen Form breiter Beteiligung an einer Erklärung, die zum Abschluss des Prozesses unter dem Titel „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ von evangelischer und katholischer Kirche 1997 veröffentlicht werden sollte. Die Hollager KAB war an diesem Weg mit verschiedenen Veranstaltungen beteiligt. Beispielsweise sei hier die Unterschriftenaktion „Geringfügig Beschäftigte  sozialversichern!“ genannt oder der Brief an Norbert Blüm, den der Vorstand im Anschluss an die Veranstaltung „Arbeit –  des eines Freud, des anderen Leid“ verfasste.

1998 griff die KAB das Sozialwort der Kirchen an einem Diskussionsabend mit Ralf Bierstedt vom Sozialamt der Gemeinde Wallenhorst auf, an dem es hieß: „Soziale Spaltung muss überwunden werden!“ Daneben gehören ebenfalls die Themenabende „Handeln für soziale Gerechtigkeit – unser Weg ins nächste Jahrtausend“ bzw. „Für die Zukunft Familien fördern“ oder „Ich bin chic und du musst schuften“ über die Arbeitsbedingungen in der asiatischen Textilindustrie in diese Reihe.

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Unmerklich war das  Programm der KAB in den vergangenen Jahren so angewachsen, dass es während der Jahreshauptversammlung 1999 zu einer kleinen Meuterei kam.  Bei der Wahl zum sog. Festausschuss verweigerten die drei bisherigen Mitglieder die Wiederwahl unter dem Hinweis, dass inzwischen zu viele Aufgaben auf ihren Schultern lägen. Das Protokoll führt aus: „Zum Beispiel: Organisation von Andachten, Kreuzweg, Grünkohlessen, Tag der Arbeit, Maiandacht, Familienradtour, Ausflug, Zwei -Tages-Fahrt, Vorbereitung Pfarrfest, Adventsfeier, Theaterbesuch, Werksbesichtigungen.“ Nach angeregter Diskussion wurde mit der Gründung eines Liturgieausschusses ein Kompromiss gefunden, mit dem mehr Mitglieder in die Arbeit einbezogen und die Aufgaben breiter verteilt werden konnten.