veröffentlicht am 16. April 2015

Flüchtlingspolitik als Anfrage an uns – lautete der Titel einer Veranstaltung am Donnerstag, dem 16. April, zu dem sich einige Interessierte im Philipp-Neri-Haus versammelt hatten. Referent Harald Niermann, Diakon und KAB-Bezirkspräses, leitete mit einem Zahlenvergleich in die Thematik ein: Während der Libanon bislang bei einer Einwohnerzahl von 6 Millionen etwa 1 Million Flüchtlinge aufgenommen hat, kommt Deutschland bei ungefähr 81 Millionen Einwohnern nur auf ca. 200.000 Flüchtlinge; das entspricht nicht einmal 0,3% der Bevölkerung. Hier sah er durchaus noch große Kapazitäten und Verpflichtungen für die Aufnahme von Menschen aus Krisengebieten. In einer ersten Darstellung berichtete Harald von persönlichen Erfahrungen mit hilfesuchenden Menschen und gab im Folgenden Informationen zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Asylpolitik. So erläuterte er beispielsweise, dass für den Asylantrag von Flüchtlingen, die ohne Visum kommen, das Land zuständig ist, über das sie „eingereist“ sind – mit der Konsequenz, dass sie dorthin zurückgeschickt werden, wenn sie in einem anderen europäischen Land auftauchen. Ausnahmen im Moment sind Griechenland und Ungarn sowie Malta.

Dann berichtete Diakon Niermann von der Flüchtlingsarbeit einer „ganz normalen Gemeinde“, indem er von dem Engagement seiner Kirchengemeinde St. Joseph, Osnabrück, erzählte, in der es seit etwa eineinhalb Jahren Flüchtlingsunterkünfte gebe. „Das ist bei uns am Altar losgegangen; hier liegt der Grund“ – beschrieb er die Intention für die Solidarität und den Einsatz für die Flüchtlinge und fügte hinzu: „Seitdem die Menschen ein Gesicht haben, ist die Thematik näher“. Konkret zu wissen, wem man hilft, erleichtere die Hilfsbereitschaft und das Verständnis. Und so er berichtete er, fast durchweg positiv, von Deutschkursen („alle wollen Deutsch lernen“) und Festen auf Gemeindegebiet, von der Kleiderkammer und Fahrradspenden. Für Osnabrück betonte er hinsichtlich der Flüchtlingsarbeit die Zusammenarbeit der Kirchengemeinde mit anderen Organisationen und Gruppierungen (etwa dem Stadtteilbüro oder dem Sportverein) und stellte die beiderseitige fruchtbare Erkenntnis heraus, dass man an bestimmten Themen auch zusammenarbeiten könne. Niermann sprach sich für eine möglichst dezentrale Aufnahme der Menschen aus; große Unterkünfte verführten zur Ghettoisierung und erhöhten das Konfliktpotenzial.

Abschließend gab Harald als Mitglied der Härtefallkommission des niedersächsischen Innenministeriums Einblick in das Tätigkeitsfeld. An dieses Gremium können ausländische Staatsangehörigen, die nach den sonstigen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes kein Aufenthaltsrecht erhalten können, aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen einen Antrag zu einem legalen Aufenthalt stellen. Nach dem Vortragsteil blieb noch Zeit für persönliche Meinungen, für kritische Nachfragen und einen offenen Austausch.

Weitersagen: