„Mit dem Jahrestag der Hinrichtung von Nikolaus Groß gedenken wir in der KAB dem Mut und der aufrechten Haltung der Menschen, die gegen Intoleranz und Unmenschlichkeit auftraten. Dies ist uns nicht nur Gedenken, sondern auch Auftrag, hier und überall auf der Welt, unsere Stimme laut und offen gegen Unterdrückung, Intoleranz und Terror zu erheben“, mahnte Bundespräses Johannes Stein zum 70. Todestag des KAB-Märtyrers.
Nikolaus Groß (1889 – 1945), Sohn eines Grubenschmiedes, arbeitete nach der Volksschule zunächst in einem Blechwalzwerk, dann als Schlepper und Kohlenhauer unter Tage. 1917 wurde er Mitglied im Gewerkverein christlicher Bergleute, 1918 in der Zentrumspartei. Schon im Alter von 22 Jahren arbeitete er als Gewerkschaftssekretär in Oberhausen, dann in Schlesien, in Sachsen und von 1924 bis 1926 in Bottrop. Er heiratete Elisabeth Koch, mit der er sieben Kinder hatte. 1927 wurde er erst Hilfsredakteur, bald darauf Schriftleiter der Westdeutschen Arbeiterzeitung, dem Organ der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, in der er führende Stellen übernahm. Sein katholischer Glaube, seine politischen Überzeugungen und sein Einsatz für soziale Gerechtigkeit machten ihn zum Gegner des Nationalsozialismus.
Einige Zitate mögen seine Haltung beschreiben:
- „Wo ein Mitmensch in Not ist, müssen wir liebevoll, barmherzig und mitleidig sein,
wie Christus es gewesen ist. Wo Unrecht geschieht, müssen wir tapfer für das Recht
und die Wahrheit eintreten, wie Christus es uns gelehrt hat.“ - „Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen, wie wollen wir dann vor Gott und unserem Volk bestehen?“
- „Was kann ein Vater seinen Kindern Größeres hinterlassen als das Bewusstsein, dass
er sein Leben für die Freiheit und Würde seines Volkes gegeben hat?“
Wegen seiner Kontakte zur Widerstandsgruppe des 20. Juli wurde Groß im August 1944 von der Gestapo verhaftet, ins Gefängnis Ravensbrück eingeliefert und dann ins Zuchthaus in Berlin-Tegel gebracht. Am 15. Januar 1945 wurde Groß vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler zum Tod verurteilt und wenige Tage später in Berlin-Plötzensee erhängt. Eine Bestattung wurde verweigert, seine Asche verstreut.
Selig gesprochen wurde Nikolaus Groß am 7. Oktober 2001 in Rom.
Sein Arbeitsplatz war das Kettelerhaus in Köln, die heutige Zentrale der KAB Deutschlands.
Viele führende Vertreter des katholischen Sozialverbandes leisteten im Dritten Reich Widerstand und mussten dies mit dem Tod bezahlen. Der KAB-Verbandssekretär Bernhard Letterhaus wurde infolge des Attentats vom 20. Juli 1944 als erstes KAB-Mitglied verhaftet und am 14. November 1944 hingerichtet. Nikolaus Groß wurde am 23. Januar 1945 hingerichtet. Dieses Datum ist für die KAB Deutschlands zum Gedenktag geworden.
Fast die gesamte Leitung fiel dem Nazi-Regime zum Opfer. Verbandspräses Otto Müller, der ebenfalls verhaftet wurde, starb an den Folgen seiner Haft. Auch der Tod des Osnabrücker KAB-Sekretär Bernhard Schopmeyer scheint politisch motiviert gewesen zu sein.
Schopmeyer, 1900 in Hagen a.T.W. geboren, erlernte den Beruf des Zimmermanns, bevor er 1926 in die KAB-Diözesanleitung als Arbeitersekretär berufen wurde. 1928 wurde er für die Zentrumspartei ins Osnabrücker Stadtparlament gewählt, zusätzlich gab er Arbeitern regelmäßig Auskünfte in sozialen Fragen; auch war er Beisitzer am Arbeitsgericht. Kurze Zeit später wurde Schopmeyer Abgeordneter des Provinz-Landtages in Hannover. Als entschiedener Gegner der Nationalsozialisten sympathisierte er mit dem Widerstand gegen Hitler, kritische Schriften befanden sich in seinem Besitz. Den Krieg über diente Bernhard Schopmeyer u.a. in Frankreich, Polen und Russland. Im September 1944, nicht lange nach dem Anschlagsversuch auf Adolf Hitler, stand – während eines Heimatbesuches – morgens um 6 Uhr die Gestapo vor seiner Tür. Schopmeyer konnte sie davon überzeugen, dass er als Soldat dem Kriegsgericht unterstehe; er musste sich zunächst nicht verantworten. Am 8. Mai kapitulierte Deutschland. Schopmeyer kehrte nach Osnabrück zurück und nahm sofort die Arbeit für die gesamte Männerseelsorge der Diözese Osnabrück als Diözesansekretär auf. Er hielt Versammlungen ab, fasste die Neugründung des Stadtparlaments ins Auge und plante mit Gleichgesinnten die Gründung der CDU.
Am 23. Juni 1945 wurde Bernhard Schopmeyer im Osnabrücker Bürgerpark aus dem Hinterhalt erschossen. Er war 44 Jahre alt und Vater von sechs Kindern. Das Fahrrad, 1000 Reichsmark, zwei Monatsgehälter, die er am Morgen des Tages in der Bischöflichen Kanzlei erhalten hatte, seine Aktentasche und die goldene Uhr wurden nicht entwendet. Viele sind überzeugt, dass er von Nazis ermordet wurde.
So wie Nikolaus Groß und viele seiner Mitstreiter damals, müssen auch wir heute für eine Welt einstehen, in der Hass und Menschenrechtsverletzungen keinen Platz finden. Die Übergriffe auf Flüchtlingsheime, die Ausgrenzung von Menschen und die Ausbeutung von vielen Arbeitnehmern belegen, dass der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte, wie ihn Groß, Letterhaus, Müller oder Schopmeyer aus ihrem festen Glauben an Gott und die Menschen geführt haben, auch heute unseres täglichen Einsatzes bedarf. Gerade auch angesichts des Zulaufs für die Pegida-Bewegung sind besonders die Parteien, Kirchen, Sozialverbände und Gewerkschaften gefordert, gelebte Demokratie und zivilgesellschaftliches Engagement den immer noch verbreiteten rechtsnationalen Ansichten und Diskriminierungen in der Gesellschaft entgegenzustellen.
In der ganzen KAB wird Ende Januar dem Widerstand mit Veranstaltungen und Gottesdiensten gedacht. So feierten auch wir am 23. Januar zusammen mit den Ortsgruppen aus Wallenhorst, Pye, Bramsche und Hollage einen Wortgottesdienst unter der Leitung von Pastor Linkemeyer im Wallenhorster Pfarrheim und tauschten uns im Anschluss über Inhalte des Jahresprogramms und andere Themen aus.