veröffentlicht am 9. Januar 2015

„Wir waren ganz inne Verzückung“ nach Ende des Kirchenkabarettabends am Samstag, dem 9. Januar – um mit den Worten von Erna Schabiewsky zu sprechen. War doch nach fünf Jahren wieder Ulrike Böhmer, ehemalige katholische Gemeindereferentin, in ihrer Paraderolle der Erna Schabiewsky mit ihrem neuen Solo-Programm „Und sie bewegt sich doch!“ bei uns zu Gast.

Im vollbesetzten Saal des Gasthauses Barlag brachte Erna zunächst schon durch ihr Outfit mit roter Strickjacke, rotem Rock, halblangen dünnen Strümpfen, kariertem Hut und Handtasche das Publikum zum Schmunzeln, bevor sie in ruhrpöttischer Mundart rief: „Hömma, soll ich hier ohne Geländer die Treppe zur Bühne hoch?“ Schnell war ein freundlicher Mann zur Stelle und bot den Arm zur Hilfe an.

Und dann kam sie gleich zur Sache: Als normales Gemeindemitglied ihrer Kirchengemeinde Dortmund-Eving nahm sie die Entwicklungen innerhalb der katholischen Kirche unter die Lupe, berichtete vom Fusionieren von Nachbargemeinden, von Kirchen, die zu Volkshochschulen und Jugendzentren mit Kletterwand werden und dem bischöflichen Einkauf von Priestern aus Indien aufgrund des vor Ort herrschenden Priestermangels. Hier konnte sie auf die Erzählungen ihrer Schwägerin Gerda aus dem sauerländischen Schnüttentrup zurückgreifen, die ganz inne Begeisterung war für die indischen Paters – und Erna wusste auch warum: War Gerda doch ein Riesenfan von diesem „Bollywood-Gedöns“. Vor Ernas geistigem Auge tanzten schon kfd-Frauen in bunten Saris um den Altar, Messdienerinnen würden Tag und Nacht das Weihrauchfass schwenken und die guten Sauerländer Kühe dürften nicht mehr geschlachtet werden. Und ihre Visionen reichten noch weiter: Wie sähe das denn aus, wenn der Bischof Patres aus Brasilien einkaufen würde oder aus Afrika oder aus Frankreich? Trommeln und Samba inne Kirche, Caipirinha als Messwein und zur Kommunion gäbe echtes Baguette – alles würde doch viel fröhlicher werden.

Und da sie in all ihrer Verzückung ihrer Schwägerin nicht in voller Konzentration zugehört hatte, schimpfte Erna anschließend, wild gestikulierend, über den Bischof, der die indischen Patres unbeschuht mit Kamelen durch das Sauerland laufen ließ. Spontan rief sie dazu auf, Strümpfe zu stricken, am besten mit Gumminoppen und Filzeinlage für den Winter.

Ordentlich Dampf ablassen musste die treue Katholikin dann, als sie von den Entwicklungen in ihrer Kirchengemeinde erzählte. Nach der Schließung eines Gotteshauses sollte nun auch das Pfarrheim geschlossen und neu vermietet werden; die Mieteinnahmen könnten gut anderweitig gebraucht werden. Außerdem sei Kaffee und Kuchen anzubieten doch sowieso nicht mehr zeitgemäß. Da hättet ihr Erna mal sehen sollen: Direkt einen ordentlichen Kaffee hätte sie gebrauchen können – aber mit einem Riesenschuss Cognac, so inne Erregung war sie drin. Wat sie allein mit dem Kaffee schon neue Wege gegangen seien, sich in den 80-er Jahren mit diesem Nicaragua-Kaffee ausser Einen Welt den Magen verdorben hätten für den gerechten Lohn für die Kaffeebauern und auch mit dem Kuchen… immer passend zur Jahreszeit.

Apropos Kuchen: Bei der Taufe ihres Enkels Mats-Kevin war ihr etwas wie Schuppen aus den Haaren gefallen. Christus sei ja der „Gesalbte“. Und deshalb würden alle getauften Christen auf der ganzen Welt mit Öl eingesalbt werden, von außen. Und da sei ihr die Erleuchtung gekommen, nämlich, dass im Prinzip jedes Stückchen Frankfurter Kranz mit seiner Buttercreme so etwas wie eine Salbung sei – allerdings nicht von außen, sondern von innen.

Im weiteren Verlauf des Abends ging Erna Schabiewsky auf die Familiensynode von Papst Franziskus ein und beklagte, dass der ganzen zölibatären Geistlichkeit jegliche Vorstellung von der Lebenswirklichkeit einer Familie fehlten würde. In ihrer witzig-direkten Art machte sie daher den Vorschlag, versuchsweise zunächst den Bischof für zwei Wochen in einer Familie aufzunehmen. Da aber weder die kfd-Frauen, noch die Kolpingsfamilie („da steht der Name ja schon drin“) ihrer Gemeinde dazu bereit gewesen waren, hatte sie gewusst: „Erna, du musst selber ran“ und sich mit ihrer Familie besprochen. Dem amüsierten Publikum malte sie aus, wie der Bischof im Kinderzimmer zwischen Britney-Spears- und Brad-Pitt-Postern nächtigen, beim Kartoffelschälen helfen oder mit ihrem Mann Herbert gemütlich beim Bier vor dem Fernseher sitzen würde. Mats-Kevin freue sich schon darauf, dass der Bischof ihn mit seiner Limousine von der Schule abholte und Enkelin Marie-Sophie-Chantalle darauf, zur Ballettstunde gebracht zu werden. In ihrer Phantasie sah sie den Bischof schon anweisen, dass in Zukunft alle Priester eine Zeitlang in einer Familie mitleben müssten, um inne Realität anzukommen. Erna schlug vor, doch bei der Tombola auf dem Gemeindefest auszulosen, wer denn den Bischof, den Pastor oder den Diakon bei sich aufnehmen müsse.

In der Folge ging sie noch auf die „Ökenemene“ ein und berichtete vom Krippenspiel mit Senioren, bevor sie abschließend von ihren Aktivitäten bei der KAB („KAB, dat sind die Katholischen Arbeitnehmer inne Bewegung“) erzählte, war doch ihr Herbert kürzlich auf der Jahreshauptversammlung zum Vorsitzenden gewählt worden – schließlich sollte er im Vorruhestand nicht inne Verkümmerung reinkommen. Weil er aber nicht so gut reden kann wie Erna, schreibt diese ihm nun alles auf und seitdem geht das mit der KAB auch wieder schön bergauf. Angeregt vom Vortrag eines KAB-Bildungsreferenten wollte auch Erna auf Pilgerfahrt und ein Stück des Jakobsweges gehen, allerdings nicht in Spanien, sondern vor Ort in Dortmund. Ausführlich beschrieb sie die täglich neuen Versuche, die Wallfahrt anzutreten, kamen doch immer unvorhergesehene Probleme und Begegnungen mit Menschen dazwischen.

Schließlich startete sie doch und begann den Weg vom Jakob mitten in der Dortmunder Fußgängerzone, genauer in der schönen evangelischen Kirche St. Petri…und war gleich mittendrin in der Stille. Und wie sie so dasaß, sah sie plötzlich Papst Franziskus, der ihr zublinzelte und flüsterte: „Und sie bewegt sich doch!“

In ruhiger und nachdenklicher Atmosphäre ging ein stimmungsvoller Abend zu Ende, der zuvor von viel Gelächter und Kurzweiligkeit geprägt war. Ulrike Böhmers eigene Analysen des kirchlichen Lebens und der damit verbundenen theologischen Fragen waren praktisch, komisch, herrlich – eben Erna! Vielen Dank – wir hatten viel Freude.

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