Auf Einladung von KAB und Kolping Hollage fand am Dienstag, d. 7. September im Saal Barlag anlässlich der Bundestagswahl eine Podiumsdiskussion mit den Direktkandidat*innen des Wahlkreises 39 statt. Unter der Gesprächsleitung von Ulrich Waschki (Chefredakteur Kirchenbote) diskutierten mal mehr, mal weniger temperamentvoll Heidi Reichinnek (Linke), Dr. Matthias Middelberg (CDU), Manuel Gava (SPD), Thomas Klein (Grüne) und Nemir Ali (FDP). In Zeiten, in denen sich viele Menschen mit der Wahl eines Nachfolgers bzw. einer Nachfolgerin für Angela Merkel noch schwer tun und unentschieden sind, war an diesem Abend Gelegenheit, Parteiprogramme und Positionen kennenzulernen – analog im Saal oder auch digital per Livestream.
Nach einer ersten Frage an die Podiumsteilnehmer hinsichtlich ihrer Qualifizierung für den Bundestag leitete U. Waschki auf den ersten Themenbereich über – die Klimakrise. Einig waren sich die Politiker*innen über die Notwendigkeit, die CO2-Emissionen zu verringern, auch wenn sie dann unterschiedliche Wege favorisierten (Preis, Zertifikatehandel, Zeitpunkt des Kohleausstiegs, Energiegeld). Auch auf den Ausbau von ÖPNV und Bahn sowie von Radwegen wurde verwiesen und auf die Notwendigkeit, die Folgen einer Umstrukturierung im Energiebereich sozialverträglich zu regeln. Hier fielen Stichworte wie Wegfall der EEG-Umlage, Pendlerpauschale, höhere Löhne, Klimadividende, Stromsteuer, Bahnprivatisierung. Kontrovers diskutiert wurde zudem die Frage, ob es eine Versorgungssicherheit durch erneuerbare Energien gibt bzw. zusätzlich doch Kraftwerke vorgehalten werden müssen. Biogasanlagen, Nutzung von Wasserkraft und Speichermöglichkeiten von Energie wurden hier als Antworten ins Feld geführt.
In einem zweiten Block wurde dann die Wirtschafts- und Sozialpolitik in den Blick genommen. Provozierend stellte Ulrich Waschki die Frage in die Runde, ob wir ein Gerechtigkeitsproblem in Deutschland haben – gerade auch im Hinblick auf Erfahrungen während der Coronakrise. Vorschlägen wie: „Wir müssen dahin kommen, dass die Menschen mehr aus sich machen können (d.h. Anreize schaffen, arbeiten zu gehen, sich Vermögen aufzubauen, Grunderwerbssteuer für erste Immobilie streichen, gesetzliche Aktienrente) standen Entlastungen von Geringverdienern und Mittelschicht oder eine Vermögenssteuer gegenüber. Auch die Frage nach Bildungsmöglichkeiten spielte in diesem Themenbereich eine Rolle, dazu gab es längere Diskussionen um einen höheren Mindestlohn.
Bezahlbarer Wohnraum war ein weiteres Stichwort an diesem Abend. Als Rezepte dafür wurden je nach Parteicouleur Mietpreisbremse, Investieren in Wohnraum („Bauen, bauen“ bei marktwirtschaftlichen Anreizen), Wohnraumverdichtung, Leeerstandsmanagement, Wettbewerb oder sozialer Wohnungsbau genannt.
Gegen Ende der Veranstaltung hatten abschließend auch die Besucherinnen und Besucher Gelegenheit, den anwesenden Politiker*innen ihre Fragen zu stellen. Brisante und emotional vorgetragene Themenfelder hier: Cum Ex-Geschäfte, Ausbeutung polnischer Pflegekräfte, Erhöhung des Rentenalters oder auch A33 Nord.
Mit der Aufforderung, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, endete ein interessanter Abend, auch wenn aus zeitlichen Gründen die Themen beschränkt waren und auf wichtige Bereiche wie Europa-, Außen- oder auch Sicherheitspolitik verzichtet wurde.
Gewohnt souverän führte Ulrich Waschki durch den Abend. Herzlichen Dank dafür! Auch Volker Holtmeyer für die reibungslose Technik, die auch am Bodensee funktionierte. Und natürlich ein herzliches Dankeschön an Frau Reichinnek und die Herrn Dr. Middelberg, Ali, Gava und Klein für den sachlichen und fairen Umgang.