veröffentlicht am 4. Februar 2016

Zu einem Informationsabend zum Thema TTIP mit dem Schwerpunkt Schiedsgerichte kamen am 04.02.2016 Wallenhorster und Hollager KABler/innen im Philipp-Neri-Haus zusammen. Gemeinsam mit Paul Kater, KAB-Sekretär in Lingen, wurde das Problem anhand von Filmausschnitten beleuchtet.
Das Abkommen TTIP (“Transatlantic Trade and Investment Partnership“) wird seit einiger Zeit von Vertretern der EU-Kommission im Auftrag der Staats- und Regierungschefs mit der US-Regierung verhandelt. Die intransparente Art der Verhandlungsführung – einschließlich der kaum vorhandenen Leserechte selbst für Parlamentarier – hat diesen Vertrag in Verruf gebracht und er war nicht nur Gegenstand von Dokumentationen, sondern auch von Satiresendungen.
Als KAB Deutschland sind wir dem Bündnis „Stopp TTIP“ beigetreten. Insbesondere wird befürchtet, dass unter dem Deckmantel des Investorenschutzes Arbeitnehmerrechte – wie sie in Deutschland in Form von Betriebsräten gelebt werden – ausgehebelt werden.
An unserem Abend ging es aber hauptsächlich um die sog. Schiedsgerichte (richtiger: Schiedsstellen) im Zusammenhang von Handelsverträgen. Es handelt sich dabei nicht um ein tatsächliches Gericht, das „im Namen des Volkes“, also rechtlich legitimiert und unabhängig entscheidet, sondern offensichtlich um ein Gremium von drei „Anwälten“ (nicht unbedingt Juristen). Je ein Mitglied wird von den betroffenen Vertragsparteien benannt, die sich auf eine dritte Person als Vorsitzenden einigen. Die Verhandlungen, Anklagepunkte etc. sind nicht öffentlich.
Erschreckend sind die daraus resultierenden Auswüchse: So haben sich als neues Geschäftsfeld sog. Prozessinvestoren gefunden, die wegen der Aussicht auf eine möglichst hohe Schadensersatzsumme potentielle Kläger (also Personen/Organisationen, denen aufgrund staatlichen Handelns eventuell Gewinne entgehen könnten) zur Bildung von Schiedsgerichten drängen. Hier kommt es für die Prozessinvestoren augenscheinlich zu sehr großen Gewinnmargen. Auch bei der Auswahl der Schiedsgerichtsmitglieder kommt es zu unkontrollierbarem Geschäftsgebaren: Da diese auch bei künftigen Schiedsgerichten mitverdienen wollen, haben sie unweigerlich ein Interesse daran, tatsächlich einen Schaden zu Ungunsten des Klägers festzustellen. Längst sind Schiedsgerichte zu einem Geschäfts- und Spekulationsmodell geworden, bei dem die Konzerne die Gewinner sind – und souveräne Staaten und deren Bürger die Verlierer sind.
Und so kam es in der weiteren Diskussion unter den Anwesenden zu der Fragestellung, wem solche Handelsverträge wie TTIP eigentlich wirklich nützen. Oder ob sie nicht hauptsächlich schaden („keiner fragt nach Moral“, „Konzerne klagen, wir – die Steuerzahler – zahlen“) und eine Bedrohung der Demokratie darstellen? Und das schon heute, wie der anhängige Fall Vattenfall (aufgrund des deutschen Atomausstiegs) zeigt.
Kann die Politik künftig überhaupt noch eigenständig entscheiden, ohne dass unweigerlich Klagefälle drohen?
Abschließend machte Paul Kater auf weitere Veranstaltungen zum Thema TTIP und anderen Handelsabkommen aufmerksam. So ist, sofern sich entsprechende Teilnehmer melden, am 03.03.2016 eine Messe zu diesem Thema in Halle IV (ehemaliges Eisenbahnausbesserungswerk) in Lingen geplant, bei der sowohl Befürwortern als auch Ablehnern von TTIP ein Forum zur Diskussion geboten wird.

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